Markt & Wettbewerb

Auswirkung behördlich verordneter, coronabedingter Schließungen auf die Gewerbemiete

Eine einheitliche Rechtsprechung zur Frage, ob und ggf. in welcher Höhe die gewerbliche Miete oder Pacht wegen coronabedingter Schließungen gekürzt werden kann, gab es jedenfalls bis Dezember 2020 nicht. Zahlreiche Gerichte (u.a. auch das LG Frankfurt) vertraten die Auffassung, dass coronabedingte Schließungen weder einen Mangel der Mietsache noch eine Störung der Geschäftsgrundlage darstellen und somit die Miete weiterhin in voller Höhe zu zahlen sei. Andere Gerichte haben Schließungen infolge der Corona-Epidemie als Störung der Geschäftsgrundlage eingestuft und im Falle vollständiger Schließung Minderungsquoten von bis zu 80 % angenommen (so u.a. das LG München).

Der Gesetzgeber hat durch den neu in Art. 240 des EGBGB eingefügten § 7 zwar keine abschließende oder gar pauschale Regelung der Auswirkungen vorgenommen, jedoch eine Richtschnur vorgegeben. Diese lautet wie folgt:

Sind vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar, so wird vermutet, dass sich insofern ein Umstand i. S. des § 313 Abs. 1 BGB, der zur Grundlage des Mietvertrages geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat. Diese Regelung ist auf Pachtverträge entsprechend anwendbar.

Damit steht fest, dass die allgemeinen gesetzlichen Anpassungsmöglichkeiten – und zwar auch schon für den Zeitraum ab April 2020 – grundsätzlich anwendbar sind, sofern und soweit in diesem Zeitraum öffentlich angeordnete Nutzungsbeschränkungen bestanden.

Die Neuregelung bedeutet aber nicht, dass Miete oder Pacht in jedem Fall nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage zu ermäßigen sind. Die gesetzliche Vermutungsregelung umfasst nur die erste Voraussetzung des § 313 BGB, welche darin besteht, dass sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben. Die weiteren Voraussetzungen des § 313 BGB, nämlich 1) dass die Parteien den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten und 2) dass ein Festhalten an den Regelungen des Vertrages für ihn unzumutbar geworden ist, muss der Mieter/Pächter im Einzelfall darlegen und beweisen.

Im Rahmen der Prüfung, ob das Merkmal „Unzumutbarkeit“ vorliegt, ist u.a. zu ermitteln, ob es dem Mieter gelungen ist, seine Kosten in anderen Bereichen zu senken bzw. ob durch staatliche Maßnahmen eine gewisse Kompensation stattgefunden hat.

Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass die Unsicherheit darüber, ob die Regelungen des § 313 BGB überhaupt Anwendung finden können, beseitigt und damit die Verhandlungsposition der gewerblichen Mieter und Pächter gestärkt wurde.

Weiterhin wurde durch § 44 EGZPO angeordnet, dass Verfahren über die Anpassung der Miete oder Pacht für Grundstücke oder Räume, die keine Wohnräume sind, wegen staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie „vorrangig und beschleunigt“ zu behandeln sind und dass in solchen Verfahren ein früher erster Termin spätestens einen Monat nach Zustellung der Klage stattfinden soll.

Angesichts dieser gesetzlichen Neuregelungen ist es sowohl den Vermietern als auch den Mietern gewerblicher Räume dringend anzuraten, sich vor vorschnellen Reaktionen anwaltlich beraten zu lassen.